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5.4 Das ideale Bosegas

Die mittlere Besetzungszahl eines Zustands lautet für Bosonen
\begin{displaymath}
\langle f_{\vec{p}} \rangle \equiv \frac{f_{i}^{*}}{g_{i}}
= \frac{1}{z^{-1}e^{\beta E_{i}} - 1}
\end{displaymath} (5.12)

Diese Funktion ähnelt qualitativ dem Boltzmannfaktor $\propto e^{-E_{\vec{p}}/kT}$, ist aber überall größer als jener. Nur für kleine $\mu$ und hohe $T$ wird wieder $f_{B} \approx f_{Bm}$.

Abbildung: Mittlere Besetzungszahlen der Zustände im Bose-Einstein-System mit $\mu =0$. Zum Vergleich ist für die Temperatur $kT=5$ auch der klassische Boltzmannfaktor $\exp \left[ -E / kT\right]$ eingezeichnet.
\begin{figure}\includegraphics[width=240pt]{fig/f5bd_4.ps}
\end{figure}




PHOTONEN IM HOHLRAUM
Ein wichtiges Beipiel für ein derartiges Sytem ist ein ,,Gas`` aus Photonen. Man bezeichnet einen Hohlraum aus reflektierenden Wänden, in dem ein Photonengas im thermodynamischen Gleichgewicht gehalten wird, als ,,Schwarzen Körper``. Eigentlich bezieht sich dieser Ausdruck auf ein fiktives Körnchen schwarzer Materie innerhalb des Hohlraums. Dieser schwarze Körper soll durch Absorption und Reemission den Energieaustausch zwischen den Photonen ermöglichen und so das Gleichgewicht herbeiführen. In der experimentellen Praxis sind die Wände niemals ideale Spiegel, sodaß sich die Bereitstellung eines schwarzen Körpers erübrigt.

Da die Gesamtenergie im isolierten Hohlraum erhalten ist, die Photonen aber nach jeder Absorption und Reemission verschiedene Energie tragen können, ist die Gesamtzahl der Photonen nicht erhalten. Das ist gleichbedeutend mit der Aussage $\mu =0$.

Wir wollen nun das Energiespektrum der Hohlraumstrahlung bestimmen. Dazu müssen wir zunächst die Anzahl $d\Sigma$ der in einem kleinen Energieintervall verfügbaren Zustände ermitteln. Die Besetzung dieser Zustände erfolgt dann gemäß 5.12. Eine einfache geometrische Überlegung (wieviele Gitterpunkte liegen in einer Kugelschale) führt zu

\begin{displaymath}
d \Sigma = \frac{8 \pi V p^{2}dp}{h^{3}}
= \frac{8 \pi V \nu^{2}d\nu}{c^{3}}
\end{displaymath} (5.13)

wo $p=h \nu / c$ der zur Energie $E=h \nu$ gehörige Impuls ist. Damit wird die Gesamtzahl der Photonen im System
\begin{displaymath}
N = \int \langle f_{\vec{p}} \rangle d \Sigma
= \frac{8 \pi V}{c^{3}} \int \frac{\nu^{2}}{e^{h \nu / kT}-1} d \nu
\end{displaymath} (5.14)

Die Anzahl der Photonen in einem Frequenzintervall $[ \nu, d \nu ]$ ist offenbar gleich
\begin{displaymath}
n(\nu) d \nu = \frac{8 \pi V}{c^{3}}
\frac{\nu^{2}}{e^{h \nu / kT}-1} d \nu
\end{displaymath} (5.15)

Die von diesen Photonen getragene Energie, also die Spektraldichte der Hohlraumstrahlung, ist
\begin{displaymath}
I(\nu) d\nu \equiv \frac{dE(\nu)}{d \nu} = E(\nu) n(\nu) d \...
...frac{8 \pi V}{c^{3}}
\frac{h \nu^{3}}{e^{h \nu / kT}-1} d \nu
\end{displaymath} (5.16)

Für Druck und innere Energie der Hohlraumstrahlung erhält man - abweichend vom klassischen idealen Gas - die Beziehung $PV = U/3$.

Die Erklärung des empirisch gefundenen Spektrums der Hohlraumstrahlung war einer der entscheidenden Schritte der theoretischen Physik zu Beginn dieses Jahrhunderts. Erklärungsversuche aufgrund klassischer Annahmen waren immer gescheitert; Max Planck konnte durch die ad hoc-Annahme einer Quantisierung der Energie den richtigen Verlauf des Spektrums reproduzieren. Die Auseinandersetzung mit der Frage nach der physikalischen Bedeutung dieser Annahme führte zur Quantenphysik.


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F. J. Vesely / StatPhys Tutorial, Deutsch, 2001-2003