Franz M. Wimmer:

Sexismus ohne Sexisten. Die acta philosopharum als Beispiel



in: (J. Bernard u.a., Hg.) Semiotik der Geschlechter
Stuttgart: Heinz 1989, S. 275-280

Aus dem Text:


Die Abwesenheit von Philosophinnen in den allermeisten Darstellungen der Philosophiegeschichte ist eklatant. Nicht so eklatant ist die Abwesenheit von Philosophinnen in der Geschichte des philosophischen Denkens selbst.

Die Sprache der Historiographie in der Philosophie ist in mehrerer Hinsicht und ziemlich ohne Ausnahme sexistisch. Unter einer "sexistischen Darstellungssprache" in der Philosophiehistorie verstehe ich solche Beschreibungsbegriffe und Ausdrucksweisen, die stillschweigend oder ausdrücklich durch die bloße Verwendung von bestimmten Wörtern, semantischen Umfeldern und durch ähnliche Mittel - also ohne direkte Formulierung von Thesen oder deren Belegung durch Quellen - die Auffassung vermitteln, daß große Leistungen in der Philosophie ausschließlich durch Männer erbracht worden oder zu erbringen sind.

Offen sexistische Thesen, die zumindest in der von mir durchgesehenen Literatur nicht vertreten werden, von denen ich auch unterstelle, daß die Autor/inn/en sie nicht vertreten, wären z.B.
--Echte Autoritäten in der Wissenschaft (der Philosophie) sind immer Männer.
--Frauen sind in der Wissenschaft (in der Philosophie) zu selbständigen Leistungen nicht fähig.
--Wichtige theoretische Neuansätze in der Wissenschaft stammen stets von Männern.
--Ein in der Wissenschaft (in der Philosophie) behandeltes Thema, mit dem sich vorwiegend oder ausschließlich Männer beschäftig(t)en, ist von allgemeinem (Menschheits-) Interesse. Ein Thema, mit dem sich vorwiegend oder ausschließlich Frauen befassen, ist nur für Frauen von Interesse und führt zu deren Ghettoisierung.


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Letzte Änderung am 17.1.2006