Das Äquivalenzprinzip
Beschreibung und Aufgaben
Das Äquivalenzprinzip war Albert Einsteins Wegweiser zur Allgemeinen Relativitätstheorie.
Diese Flash-Animation verdeutlicht, was es besagt. Es wird in zwei Teilen präsentiert:
- Erster Teil: Durch Beobachtungen, die im Inneren eines Raumschiffs stattfinden, sind folgende beiden Situationen
nicht zu unterscheiden (d.h. sie sind physikalisch äquivalent):
- Das Raumschiff befindet sich im freien Fall (z.B. in einem Erdumlauf).
- Das Raumschiff schwebt fernab aller Himmelskörper.
- Zweiter Teil: Durch Beobachtungen, die im Inneren eines Raumschiffs stattfinden, sind folgende beiden Situationen
nicht zu unterscheiden (d.h. sie sind physikalisch äquivalent):
- Das Raumschiff steht auf der Erde.
- Das Raumschiff wird (fernab aller Himmelskörper) durch seinen Antrieb (gleichmäß) beschleunigt.
Betrachten wir zunächst den ersten Teil des Äquivalenzprinzips.
Für beide gezeigten Beobachter im Inneren des Raumschiffs herrscht Schwerelosigkeit.
(Das die Erde umkreisende Raumschiff muss sich dabei frei - wir können auch sagen: frei fallend - bewegen, d.h. der
Antrieb ist ausgeschaltet).
Aufgabe 1:
Wieso herrscht in einem die Erde umkreisenden Raumschiff Schwerelosigkeit?
Wenn die beiden Situationen nicht durch Beobachtungen voneinander unterschieden werden können, nennen wir sie
physikalisch äquivalent - daher der Name des Äquivalenzprinzips.
Beachte, dass Raum und Zeit unter der Bedingung der Schwerelosigkeit von der speziellen Relativitätstheorie beschrieben werden.
Nun betrachten wir den zweiten Teil des Äquivalenzprinzips.
Beide gezeigten Beobachter spüren eine Kraft, die sie (und alle anderen Gegenstände) gegen die Unterseite des Raumschifft drückt.
In der linken Situation handelt es sich um die Schwerkraft der Erde, in der rechten Situation
handelt es sich um eine Folge der Beschleunigung des Raumschiffs. Eine solche Kraft spürst du, wenn du
in einem beschleunigenden Auto sitzt. (Dabei ist vorausgesetzt, dass der
Antrieb das Raumschiff gleichmäßig beschleunigt, also eine konstante Kraft ausübt).
Aufgabe 2:
Stelle dir vor, das im rechten Teil der Animation gezeigte Raumschiff ist zunächst in Ruhe, und
ein Gegenstand "schwebt" frei in seinem Inneren. Wenn das Raumschiff nun mit einer gleichmäßig
beschleunigten Bewegung beginnt - wie bewegt sich der Gegenstand aus der Sicht
des Beobachters?
Nun kommen wir zu einem wichtigen Punkt, der in Lehrbüchern oft zu kurz kommt oder überhaupt nicht
erwäht wird: Genau genommen stimmt das Äquivalenzprinzip in der obigen Form nicht!
Betrachten wir wieder den ersten Teil des Äquivalenzprinzips.
Stelle dir vor, in dem die Erde umkreisenden Raumschiff befinden sich zwei Körper, von denen einer
der Erde näher ist als der andere. Aus der Sicht des Beobachters schweben die beiden Körper
zunächst im Raumschiff, verhalten sich also genauso, als ob völlige Schwerelosigkeit herrschen
würde. Bei genauer Beobachtung über einen längeren Zeitraum wird allerdings klar,
dass sich die beiden Körper relativ zueinander bewegen, auch wenn sie zu Beginn relativ zueinander
in Ruhe waren!
Aufgabe 3:
Begründe diese Behauptung!
(Tipp: Die beiden Körper umkreisen - jeder für sich - die Erde. Stimmen ihre
Umlaufszeiten überein? Wie sieht die Situation nach einem vollständigen Umlauf aus?)
Betrachten wir nun wieder den zweiten Teil des Äquivalenzprinzips. Aus der Sicht des Beobachters
im beschleunigten Raumschiff wirkt auf alle Körper eine Kraft, deren Richtung genau der Fahrtrichtung
entgegengesetzt ist. Alle Körper "fallen" nach seiner Interpretation also in exakt parallelen Bahnen
zu "Boden" (d.h. gegen die Unterseite des Raumschiffs).
Aufgabe 4:
Gilt diese Beobachtung auch in Inneren des auf der Erde stehenden Raumschiffs?
(Tipp: Berücksichtige die Kugelgestalt der Erde!)
Es gibt also doch Möglichkeiten, zwischen den angeblich "äquivalenten" Situationen zu
unterscheiden! Dafür sind aber entweder lange Beobachtungszeiten oder ein großes Raumgebiet
nötig.
Um also genau zu sein, müssen wir das Äquivalenzprinzips modifizieren: Die behauptete
Äquivalenz gilt nur, wenn das Raumschiff klein ist, und wenn nur eine kurze Zeitspanne für Beobachtungen
zur Verfügung steht. Ist die Messgenauigkeit vorgegeben, so gilt:
Je kleiner das Raumschiff und je kürzer die Beobachtungszeit, um so
schlechter können die als "äquivalent" bezeichneten Situationen voneinander unterschieden werden.
Diese Einschränkung ist nicht weiter verwunderlich: Wären Schwerkraft und Beschleunigung exakt
äquivalent, so bestünde keine Notwendigkeit für eine neue Physik der Gravitation.
Dann würde die spezielle Relativitätstheorie ausreichen, die Schwerkraft zu beschreiben.
Albert Einstein stand also vor der Notwendigkeit, eine Theorie zu entwerfen, in der die spezielle Relativitätstheorie
auf eine ganz bestimmte Weise enthalten ist: Sie gilt näherungsweise in den Bezugssystemen frei fallender Beobachter.
Das hat ihn an eine geometrische Tatsache erinnert: Eine gekrümmte Fläche sieht in jedem Punkt
näherungsweise so aus, als wäre sie flach. Und daraus ist seine Idee erwachsen, die
Raumzeit bei Vorhandensein von Gravitation sei gekrümmt! Die spezielle Relativitätstheorie,
die die Raumzeit als ein flaches Gebilde ansieht, ist in der allgemeinen Relativitätstheorie auf eine ähnliche Weise enthalten
wie die euklidische (ebene) Geometrie in einer gekrümmten Fläche, nämlich
näherungsweise in kleinen Raum- und Zeitgebieten.